HUGHES & KETTNER Tubemeister 36 Combo
Features:
Unabhängige Gain- und Master-Regler sowie ein schaltbarer FX-Loop gehören zur Standardausstattung eines modernen Dreikanal-Amps. Für einen echten TubeMeister ist das allerdings noch zu wenig. Also haben Mr. Hughes und Herr Kettner ein MIDI-System integriert, das nicht nur Kanäle, FX-Loop und den eingebauten Hall, sondern auch die Leistungsstufen des integrierten Powersoaks (36, 18, 5, 1 Watt und Speaker-Off) abrufen kann!
Testbericht aus dem Magazin gitarre&bass (Ausgabe 05/13), Autor: Ebo Wagner
Konstruktion Hughes & Kettner Tubemeister 36 Combo
Bei dem Rummel, der um die TubeMeister-Riege entstanden ist, dürfte das Konzept gemeinhin bekannt sein. Behandeln wir die nüchternen Fakten also in der gebotenen Kürze.
Der Amp ist kein wahrer Dreikanaler. Er hat zunächst einmal nur zwei eigenständige Vorstufensektionen mit separaten Dreibandklangregelstufen. Die eine, Clean, steht für sich, in der anderen werden jedoch gleich zwei Distortion-Ebenen bedient, Crunch und Lead. Allerdings, für jede der drei Soundmodes sind Gain und Lautstärke/Master individuell abstimmbar. Alle weiteren Features befinden sich an der Rückseite. Der digitale Hall mit Intensitätsregler und Ein/Aus-Schalter, ein serieller Einschleifweg mit hochpegeligem Send und tieferpegeligem Return, ebenfalls mit Ein/Aus-Schalter, der symmetrierte XLR-D.I.-Out (Red Box), und die vierstufige Power-Soak-Sektion zum „Verbraten“ der Endstufenleistung mit den Optionen 18, 5, 1 Watt und Stumm. Gerne übersehen wird, dass die TM-Modelle mit einer intelligenten Steuerelektronik den Betriebszustand der Endstufe überwachen und regulieren. So misst sie sich z. B. selbsttätig und automatisch ein. Vier LEDs künden außerdem davon ob u. U. eine der vier EL84-Röhren – und wenn ja welche – defekt ist.
Zu allem Überfluss leistet sich der TM36 ein MIDI-Interface, d. h. insgesamt sechs Schaltfunktionen können im Speicher verwaltet werden: Sound-Status (Clean, Crunch, Lead), FX-Loop-On/Off, Reverb- On/Off, Power-Soak-On/Off (aktiviert nach Wahl eine der vier Stufen). Die Programmierung gestaltet sich denkbar simpel im LearnModus. Die aktuelle Einstellung am Amp wird dem zuletzt eingegangenen MIDI-Program-Change-Befehl zugeordnet, indem zuvor die Learn-Taste an der Rückseite aktiviert wurde. Geschickterweise ist die DIN- Buchse 7-polig ausgeführt. Auf den zwei zusätzlichen Kontakten steht eine Phantomspeisung von 20 Volt/DC zur Verfügung. Auf diese Art und Weise kann z. B. Hughes&Kettners Schaltpedal FSM 432 ohne Weiteres zur Fernsteuerung verwendet werden (ca. € 129, je vier Presets auf 32 Bänken plus Tap-Taster). Über die beiden Stereo-Footswitch-Anschlüsse können einerseits die Sound-Sektionen gewählt werden, zu anderen der Status des Halls und des Einschleifweges. Merke: Der Sound-Wechsel gestaltet sich so, dass einerseits zwischen Clean und Distortion umgeschaltet wird und über den zweiten Footswitch-Kontakt zwischen Clean und Lead. Sprich man braucht je nach Situation zwei Fußtritte um zum gewünschten Distortionsound zu kommen. Ganz auf Halbleiter verzichten kann die aufs äußerste komprimierte Schaltung nicht. Im Wesentlichen basiert die Sound-Formung aber auf drei 12AX7B und einem Quartett EL84. Mechanisch ist der Aufbau im Grunde mit dem Topteil identisch. Damit das Chassis in das Gehäuse passt, sind lediglich die rückwärtigen Funktionselemente auf ein zusätzliches Montageblech verlagert. Die ganze Einheit ist hängend montiert, wobei die Schrauben des Tragegriffs ebenfalls zur Fixierung dienen. An dem Schichtholzgehäuse fällt ansonsten die relativ geringe Wandstärke auf. Nur knapp unter 13 Millimeter sind die Platten stark. Ungewöhnlich ist außerdem die Bauweise. Der TM36-Combo gehört zur Minderheit der hinten geschlossenen Kofferverstärker. Der Vintage 30 von Celestion sitzt trotzdem nicht in einem vollkommen luftdichten Kasten. Zwei kleine Öffnungen in der leicht schräg stehenden Schallwand erlauben Ventilation. Im Servicefall ist der gedrängte Aufbau des Amps sicher kein Vergnügen.
Seitens der Verarbeitung macht der Combo grundsätzlich aber einen absolut einwandfreien Ein-druck. Vom Tolexbezug bis hin zu den kleinsten Details der Elektronik ist der TM36 sauber gefertigt. Ein kleiner Makel hat sich aber doch gezeigt: Der Klinkenstecker an der Rückseite steht über das Gehäuse über. Packt man dem Combo auf den Rücken, kommt er also auf dem Stecker zu liegen; ein Transport auf diese Weise verbietet sich somit. Das sollte man besser gegen einen Winkelklinken-Stecker in flacherer Bauform austauschen.
Grundsätzlich hat der Amp seine Reifeprüfung schon damals im Test des kleinen 1x12"-Stacks abgelegt. In überzeugender Manier. Mancher wird es vielleicht unpraktisch finden, dass er beim Sound-Wechsel per Fußschalter nicht den direkten Zugriff auf Crunch und Lead hat. Ein leichtes Manko liegt auch darin, dass die Klangregelungen grundsätzlich erfreulich effizient arbeiten, aber die Reserven im Bassbereich nicht allzu hoch sind. Was jedoch nur in der Distortion-Sektion deutlich wird, da sie z. B. gedämpfte Linien auf der E6-Saite von Singlecoils gefüttert nur wenig zum Pumpen bringt. Damit wir uns nicht mißverstehen: Tonal wirkt die Wiedergabe ausgewogen, nur in der Dynamik, dem Druck wirkt sie etwas reserviert.
Den Clean-Kanal betrifft das viel weniger. Na klar, Gefallen ist und bleibt Geschmackssache, doch ist er objektiv betrachtet ein absolutes Highlight, mit seinem modernen Charakter, der auch feine Sättigungsfarben und feingliedrigen Overdrive bereit hält. Superbrillant, irgendwie Hi-Fi-mäßig, aber warm und weich in den Höhen, im positivsten Sinne ein bißchen schönfärberisch. Er liebt Singlecoils, kann er doch ihre Transparenz optimal zur Schau stellen. Glanz ganz ohne Reue, die Höhen können maximal glitzern, bleiben aber immer geschmeidig, als ob der TM36 Combo alles Penetrante ausblenden würde. Er rückt aber auch kräftigere Gitarren/Pickups (hier z. B. eine oberfette Parnell-Les-Paul/Gibson m. Ron Ellis Humbuckern oder die Steinberger GL4-T/EMG) perfekt ins Licht. Eine Prise von dem natürlich und edel klingenden Hall dazu, das ist fast schon eine Klasse für sich.
Der TM36 Combo wartet in der Distortion-Sektion mit hohen Gain-Reserven auf. Schon der in den Mitten schlankere Crunch-Modus erreicht am Maximum genug Sättigung um damit traditionelle Blues-Soli zu spielen. Rock-Riffs schüttelt er so natürlich auch wie nichts aus dem Ärmel. Entschlossen aber nicht betont resolut. Britische Aggressivität ist ihm fremd. Hauptsächlich setzt sich der Crunch-Modus damit positiv in Szene, dass sich seine Verzerrungen sehr harmonisch ausbilden. Deswegen bringt er z. B. auch leicht angezerrte Akkorde äußerst charmant zur Geltung. Eine gewisse Grundlautstärke ist allerdings notwendig, damit sich wirklich Volumen entwickelt. In Nähe der oberen Leistungsgrenze stellt sich dann wiederum ein Punkt ein, an dem der TM36 Combo ungnädig wirkt. Die oberen Mitten versteifen sich in einer tendenziell aufdringlichen Kompression. Of- fensichtlich liegt das im Wesen des Vintage 30 und/oder den konstruktiven Gegebenheiten. An anderen Speakern, z. B. Greenbacks oder dem G12-65 bildet sich das Phänomen jedenfalls milder aus.
Natürlich geht es dem Lead-Kanal genauso. Heißt also, dass man den TM36 Combo nur bedingt nahe der Maximallautstärke betreiben kann/sollte. Gegen eine Vollaussteuerung an sich spricht natürlich nichts, denn man kann sich ja dank des Power-Soaks hohe Arbeitspunkte respektive die Sättigung der Endstufe leiser zurechtlegen.
Um sein Bestes zu zeigen, richtig Körper zu bekommen, braucht auch der highgainige Lead-Kanal eine gewisse Grundlautstärke.
Mit seinem nur moderat aggressiven Klangcharakter erzeugt er eine wohldosierte Kompression, die gerne stehende Obertöne und homogenes Sustain provoziert. Auch hier ist die Wiedergabe höhenreich, aber weich, gleichzeitig singend und im Volumen recht kraftvoll. Wie gesagt, die Dyna- mik formt sich eher dezent denn besonders durchschlagskräftig aus. Im Kontext der spezifischen Sound-Ausrichtung wirkt die Klangfülle des TM36 Combos wenngleich schlank in sich abgerundet und musikalisch/akustisch angenehm tragfähig. Der Punkt ist letztlich: Man sollte von dem Koffer nicht Dinge erwarten, für die er nicht gedacht ist. Hard-Rock und Heavy-Metal sind nicht sein Stil. Pop, Country, Blues, Rock im Geiste Lukathers, das ist sein Ding. Richtig, eine ganz schön breite Palette. Das paßt zum Konzept, das mit den umfangreichen Features ja auch auf Vielfalt in der Anwendung abzielt, und das gleichermaßen elegant wie erfolgreich.
In dem Kontext muss die Red Box Erwähnung finden. Mit einer guten Mikrofonierung kann das D.-I.-Signal nicht unbedingt mithalten, aber die Klangkorrektur ist trotz etwas überhöhter Mitten doch sehr gelungen. Insbesondere weil sie die Höhen quasi perfekt im Zaume hält und sich das Klangbild mit dem Speakersound die Waage hält. Das Red-Box-Signal wird also z. B. draußen am FOH-Mixer nicht störend matter oder bissiger ankommen als der Gitarrist auf der Bühne den Combo hört. Freut sich auch der Ton-Ing., weil er nicht viel kurbeln muss. Mit dem Red-Box-Signal kann man im Übri- gen in härtere Sphären vorstoßen, die der Combo an sich mit dem Speaker nicht hergibt.
Fazit Hughes & Kettner Tubemeister 36 Combo
Es kommt, wie es kommen musste: Der Combo manifestiert den Stellenwert des Tubemeister 36. Das alles-drin-alles-dran-Konzept in einem derart kompakten Paket dürfte für nicht wenige Spieler einen Traum erfüllen. Nicht viel schleppen, aber für viele Fälle gerüstet sein, klanglich auf sehr respektablem Niveau und erfreulich variabel, wer mit moderater Lautstärke arbeitet und nicht zu harten Stoff spielt, sollte den Tubemeister 36 Combo zumindest einmal näher kennenlernen. Die Chancen stehen gut, dass daraus eine innige Freundschaft entsteht. Keine Frage, Preis und Leistung stehen einem ausgewogenen und lukrativen Verhältnis.
Ich habe mir den Amp für den Probenraum zugelegt, da ich meinen Tubemeister 36 Head mit passender 2x12 Box nicht immer schleppen wollte.
Der Combo ist genauso vielseitig, hat aber verständlicherweise im Bassbereich weniger Durchsetzungsvermögen als der Head mit einer 2x12 oder gar 4x12 Box. Dennoch gilt: Kaum zu glauben, was da aus der relativ kleinen Kiste herauskommt:
3 gut aufeinander abgestimmte Kanäle mit separaten Volume- und Gain-Reglern, dazu eine variable Leistungsabgabe und ein Red Box-Ausgang zur PA. Und das Ganze bei Bedarf auch noch über MIDI programmierbar. Besser geht es nicht.
Hallo, durch meine stetig gewachsene Unzufriedenheit mit auch namhaften Modeling Amps war ich auf der Suche nach hervorragendem Sound mit 3 Kanälen, nach dem Motto: lieber weniger Features, dafür aber mehr Soundqualität. Nach Möglichkeit auch noch kompakt und transportabel. Da war der Tubemeister 36 Combo wirklich ein Volltreffer. Satte, volle Sounds mit einer excellenten Saitentrennung. Mit wenig Aufwand bekommt man was man braucht (bis auf natürlich Sachen im düsteren Metalbereich). Die Sounds machen auch richtig Druck und setzen sich im gewünschten Maß hervorragend im Bandkontext durch. Vor zu geringer Lautstärke der Combo muss sich auch keiner Sorgen machen. Bei 36 W bin ich in etwa bei 30% der Lautstärke und schon weit über dem Schlagzeug. Das PowerSoak funktioniert sehr gut, allerdings klingt er schon am besten bei 36W. Aber das was bei 5W übrig bleibt ist im Wohnzimmer immer noch ein Genuß (am meisten leidet beim "runterbremsen" natürlich der Clean Kanal wie bei jedem Verstärker, dieser ist bei 18 und 36 W aber der Hammer). Das einzige was ich ein wenig vermisse ist ein Mastervolume über alle drei Kanäle. Sollte man etwas am Volume ändern müssen, sind zumeist alle drei Kanäle nach zu regeln. Aber als Fazit kann man sagen: Für ca. 900€ ist das Ding der Wahnsinn. Ganz klare Kaufempfehlung!!!